Das Interesse am erstmals online durchgeführten Hochschulgründertag der OTH Regensburg war groß und reichte weit über die Region hinaus. Dabei stehen innovative Gründer*innen aus den Hochschulen der Oberpfalz im Mittelpunkt der Veranstaltung.
Hochschulgründertag erstmals onlineAm 18. November 2020 fand der Hochschulgründertag des
start-up centers der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg (OTH Regensburg) wegen Corona erstmals online statt – und wurde nicht zuletzt gerade deswegen ein großer Erfolg.
„Wir hatten bis zu 168 Teilnehmende. Etliche davon aus dem ganzen Bundesgebiet und sogar aus dem Ausland, darunter Venture Capital-Investoren und Angehörige anderer Hochschulen, die offenbar die Gelegenheit genutzt haben, sich unser Konzept eines online durchgeführten Hochschulgründertags näher anzusehen. Wir sind hier durchaus ein Impulsgeber“, resümiert Prof. Dr. Sean Patrick Saßmannshausen, Professor für Betriebswirtschaftslehre und Entrepreneurship sowie Leiter des start-up centers der OTH Regensburg.
Vor allem aber: Sehr viele Studierende und Gründungsinteressierte nahmen an der zweistündigen Veranstaltung teil. „Dass wir unsere Zielgruppe erreichen konnten, ist doch der Kern unseres Anliegens. Wir sind dankbar, dass die Gründungsförderer aus der Region und darüber hinaus unseren Hochschulgründertag besucht haben, aber die Zielgruppe der potenziellen und tatsächlichen Gründer*innen zu erreichen, das ist elementar“, so Prof. Dr. Saßmannshausen.
Hochschulen bauen Gründungsförderung aus Beim Hochschulgründertag wurden nicht nur Unternehmensgründer*innen ausgezeichnet, es wurde auch die neue Marschroute der Gründungsförderung an den Hochschulen in der Oberpfalz deutlich. Denn die Gründungsförderung an den drei Hochschulen der Oberpfalz, also OTH Regensburg, Universität Regensburg und OTH Amberg-Weiden, werde derzeit strukturell und inhaltlich neu ausgerichtet, berichtete Prof. Dr. Saßmannshausen.
Hintergrund ist das vom
Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geförderte EXIST-Projekt "O/HUB", das Oberpfälzer Startup-Hub der drei Hochschulen. „Die Förderung erlaubt uns nicht nur, die etablierte Gründungsberatung an allen drei Hochschulen zu einem umfassenden Coaching auszubauen und bei der Ausbildung und Unterstützung zukünftiger unternehmerischer Talente noch eine Schippe oben draufzupacken“, so Prof. Dr. Saßmannshausen, „erstmals werden wir nun auch ein hochschulübergreifendes Opportunity-Scouting entwickeln können.“
Ziel: ein hochschulübergreifendes Opportunity-ScoutingWas sich hinter einem hochschulübergreifenden Opportunity-Scouting verbirgt? – "Opportunities", übersetzt als unternehmerische Gelegenheiten, bilden die inhaltliche Basis für Geschäftsideen und Geschäftsmodelle. Solche unternehmerischen Gelegenheiten entstehen oft an den Schnittstellen von Wissenschaftsbereichen. „Zum Beispiel, wenn Know-how aus klinischer Medizin, Maschinenbau und Informatik zusammentrifft“, so Prof. Dr. Saßmannshausen, „das passiert aber nur selten von alleine, zumal über Hochschulgrenzen hinweg. Hier wollen wir ansetzen und noch mehr als in der Vergangenheit Know-how-Träger*innen zusammenbringen, die erst gemeinsam aus der Summe ihrer Potenzialbereiche herausragende Gründungschancen ableiten können.“
Die Strategie einer hochschulübergreifenden Zusammenarbeit soll also zusätzliche Gründungspozentiale für innovative Ausgründungen erschließen, Potenziale, die über das hinausgehen, was jede Hochschule einzeln bewirken könnte. „Insofern stimmt hier der Spruch, dass das Ergebnis mehr sein soll als nur die Summe dessen, was schon jetzt sehr erfolgreich an jeder einzelnen der drei Hochschulen läuft“, hebt Prof. Dr. Saßmannshausen hervor.
Innovative Gründungen ausgezeichnetBasierend auf dem gemeinsamen Konzept, wurden beim Hochschulgründertag erstmals Gründer*innen aus allen drei Partnerhochschulen mit dem nach dem Projekt benannten O/HUB-Hochschulgründerpreis ausgezeichnet. Der Preis der OTH Regensburg wurde der
Serotalin GmbH verliehen. „Wir wollen Menschen glücklicher machen“, lautet die Mission des Gründers Tobias Cvijic. Dies gelingt mit dem Produkt Serotalin, „einem Nahrungsergänzungsmittel mit perfekt abgestimmter Kombination von Aminosäuren, Vitaminen, Mineralien und Spurenelementen, die den Serotonin- und Dopamin-Spiegel positiv beeinflussen und so einen Baustein für ein glückliches und zufriedenes Leben liefern“, so Tobias Cvijic.
Den O/HUB-Preis der OTH Amberg-Weiden erhielt das Projekt
Brainjo aus der Hand der Vizepräsidentin der OTH Amberg-Weiden, Prof. Dr. Christian Hellbach. Brainjo entwickelt ein neuartiges Gehirntrainingskonzept, das – basierend auf Machine-Learning – ein auf den Menschen individualisiertes Training ermöglicht. Hierbei werden interaktive körpernahe Trainingsmethoden wie Biofeedback und Neurofeedback, Gehirnjogging und Reaktionstraining in einer Virtual-Reality-Lösung miteinander verknüpft. Bis zum Markteintritt ist allerdings zunächst noch eine Menge Forschungs- und Entwicklungsarbeit zu leisten, um von der Idee zum marktfertigen Produkt zu gelangen. Gründer Christian Michael Gnerlich ist Absolvent der OTH Amberg-Weiden, wo er während seines Studiums auf seine Gründungsidee kam.
Seitens der Universität Regensburg verlieh Jutta Gügel, die Leiterin von FUTUR, der Transferstelle der Universität Regensburg, an der auch die Gründungsförderung und das O/HUB-Projekt angesiedelt sind, den O/HUB-Hochschulgründerpreis an
curicosmo: eine Neugründung, deren Geschäftsidee einer App perfekt in die Corona-Zeit passt, nämlich: „Die Welt zu Hause zu bereisen.“ Die digitale Plattform von curicosmo ermöglicht Nutzer*innen mit authentischen Angeboten, ferne Länder kennenzulernen und fremde Kulturen zu erleben, ohne dorthin zu reisen. Die beiden Absolventen der Universität Regensburg, Johannes List und Dr. Michael Mayer, vermitteln fremdländische Erlebnisangebote und vielfältige Eindrücke, historische Begebenheiten, geografische Informationen, kulturelle Highlights oder auch kulinarische Besonderheiten eines Landes.
Sonderpreise für Start-upsDer Sonderpreis für Start-ups, die aus dem Masterstudiengang
Digital Entrepreneurship der OTH Regensburg hervorgehen, wurde von der Leiterin des Studiengangs Prof. Dr. Sevim Süzeroglu-Melchiors verliehen, und zwar an die Gründerinnen von
StadtLandGut. Ann-Cathrin Konrad und Stephanie Wimmer organisieren Events auf Bauernhöfen. Den Gründerinnen geht es nicht nur um die besondere und oft etwas abgeschiedene Atmosphäre der Höfe, die sich gerade für Teambuildings oder Strategieworkshops besonders eignet, sondern das Konzept hilft auch den Landwirt*innen, bislang ungenutztes Kapital – wie zum Beispiel Gebäude oder Freiflächen – einer ertragsorientierten Nutzung zuzuführen und den Direktvertrieb regionaler Produkte zu stärken. Auf letzterem liegt wegen Corona derzeit der Fokus.
Wohin die Reise für Start-ups aus der OTH Regensburg gehen kann, zeigt das Beispiel von
anybill. Das junge Unternehmen ist mittlerweile auf ein Team von 16 Mitstreiter*innen angewachsen und wurde nicht nur für diese beeindruckende Entwicklung mit dem Sonderpreis des start-up centers der OTH Regensburg ausgezeichnet. Basierend auf einer Urlaubserfahrung der Gründerin Lea Frank, sagte die Gründerin dem Kassenbonchaos den Kampf an. Die Idee wurde zunächst in einer Lehrveranstaltung von Prof. Dr. Saßmannshausen an der OTH Regensburg und in der Start-up-Factory der
Digitalen Gründerinitiative Oberpfalz (DGO) validiert und weiterentwickelt. Das Unternehmen kreierte eine App für die Ausgabe digitaler Kassenzettel und baut seine Plattform derzeit unter anderem mit Unterstützung des Telekom TechBoost aus. Lea Frank steht aber nicht alleine da, mit ihr sind zwei weitere Absolventen der OTH Regensburg, Tobias Gubo und Patrick Göttler, ins unternehmerische Risiko gegangen und treiben das ambitionierte Projekt voran.
Die Teams als wesentlicher Faktor„Neben der Opportunity sind die Teams heute der bestimmende Faktor. Eine gute Idee nützt nichts, wenn das Team nicht stimmt. Stimmt aber auch das Team, dann erst kann das volle Potenzial der Gründungsidee zur Entfaltung kommen“, betont Prof. Dr. Saßmannshausen.
Jutta Gügel von der Universität Regensburg ergänzt: „Deswegen setzen wir in unserem Projekt O/HUB auch ganz stark auf die hochschulübergreifende Teamentwicklung. Gründerteams müssen nicht nur wissen, was sie wollen, sie müssen auch gemeinsam bestimmen, warum. Was sind die Ziele, was motiviert jeden einzelnen, mitzumachen? Und kann man bei der Motivlage einen größten gemeinsamen Nenner finden? Dann hat das Team eine solide Ausgangsbasis, um auch die schwierigen Phasen durchzustehen, die jedes Gründungsvorhaben zu durchleben hat.“
Enge Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und PartnernAn den Hochschulen der Oberpfalz ist beides vorhanden, innovative Wissenschaft als die Grundlage neuer Opportunities und junge, talentierte Menschen als Basis für unternehmerische Teams. Hinzu kommen jedoch noch die regionalen Unterstützungsstrukturen. Der Hochschulgründertag machte deutlich, dass nicht nur die drei Hochschulen an einem Strang ziehen. Auch die Wirtschaftsförder*innen, die Städte und Landkreise der Region ziehen mit in die gleiche Richtung: Sowohl Bürgermeisterin Dr. Astrid Freudenstein als auch Roland Weiß vom Landratsamt Regensburg betonten die Bedeutung der Gründer*innen für die Region. Als Kosponsor der Veranstaltung trat die DGO auf, deren Geschäftsführer Alexander Rupprecht das hervorragende Netzwerk für Gründer*innen in Regensburg betonte.
Die Region sieht das neue, hochschulübergreifende Projekt O/HUB vielversprechend. „Die Veranstaltung machte deutlich, dass die drei Hochschulen im Bereich der Gründungsförderung an einem Strang ziehen“, so die Regensburger Bürgermeisterin Dr. Astrid Freudenstein. „Die Stadt Regensburg begrüßt dies, sind doch die Start-ups von großer Bedeutung für die Region.“ Und Roland Weiß, Wirtschaftsförderer des Landkreises Regensburg, schließt sich dem an: „Die Zusammenarbeit mit den Hochschulen ist lobenswert. Ideen zu finden, diese zu bewerten und zu beraten und zu begleiten, das sehen wir als unsere Aufgabe.“ Landrätin Tanja Schweiger sieht in der Vernetzung des Landkreises mit den Hochschulen ebenfalls großes Potenzial, Gründer*innen zu fördern, anzusiedeln und damit die regionale Wirtschaft zu stärken und Arbeitsplätze zu schaffen.
Krisen sind Gründungszeiten Denn ganz generell erwartet Prof. Dr. Saßmannshausen ein zunehmendes Interesse an der Gründungsthematik und auch an Unternehmensnachfolge. Krisenzeiten seien Gründerzeiten. Nicht nur, weil die Arbeitsmärkte nicht mehr alle Absolvent*innen der Hochschulen aufnehmen könnten. Vielmehr offenbarten Krisen latente Mängel und ungelöste Probleme wie Innovations- und Effizienzdefizite, die man nun nicht mehr länger ignorieren könne.
Auf jeden Fall könne man mit Spannung betrachten, was die derzeitige Krise hervorbringen werde. Keinen Kassenzettel mehr anfassen zu müssen, im Lockdown sich mit Gehirnjogging trainieren und durch Ernährung zum Wohlbefinden beitragen zu können oder Fernreisen durch Erlebnisse in der Heimat substituieren können, als dies gehöre sicherlich in den Bereich an Gründungsideen, die das Leben unter den Bedingungen von COVID-19 substanziell verbessern könnten, so Prof. Dr. Saßmannshausen.
Der Hochschulgründertag 2020 des start-up centers der OTH Regensburg und das Verbundprojekt O/HUB werden auf Beschluss des Deutschen Bundestags gefördert durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, und zwar im Rahmen der Richtlinie
EXIST – Existenzgründungen aus der Wissenschaft (EXIST Potentiale).