OTH Regensburg und Universität Regensburg veranstalteten einen Tag der digitalen Lehre. Im Mittelpunkt standen hybride Formate und deren Weiterentwicklung.
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Lehre! Alles bleibt möglichUnter dem Motto: "Lehre! Alles bleibt möglich" soll hier ein Rückblick auf die zweitägige Veranstaltung gegeben werden.
Natürlich leben Tagungen von den zufälligen Bekanntschaften zwischen zwei Veranstaltungen und dem sozialen Aspekt solcher Zusammenkünfte. Nach zwei Jahren, in denen dies nur eingeschränkt möglich war, fand der diesjährige TddL in Teilpräsenz statt. Mit Keynotes in Webinarform und Projektpräsentationen an Zoom-Kaffeetischen an Tag 1 und klassischen Präsenzworkshops in Kleingruppen an Tag 2. Die Idee dahinter: Veranstaltungen mit hybriden Ansätzen zugänglicher und „konsumierbarer“ zu machen. Hybrid soll auch das Buzzword dieses Artikels sein.
FLEX-Studium vorgestelltDer erste Tag begann mit zwei Impulsvorträgen. Vor rund 100 Webinar-Teilnehmerinnen und Teilnehmern, präsentierte Prof. Dr. Claude Müller Werder von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW), die Ergebnisse fremder und eigener Meta-Analysen, die sich bereits in Prä-Coronazeiten mit den Auswirkungen digitaler, hybrider und virtueller Lehre beschäftigt haben. Er berichtete, wie die Erwartungen – insbesondere unter den Lehrenden – zunächst sehr verhalten waren. Unbegründet, wie sich später herausstellen sollte. Wurde einerseits die gestiegene Flexibilität gelobt, so wurde andererseits auch die fehlende soziale Interaktion und die technische Einstiegshürde bemängelt. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass die betrachteten Studien zwischen 2008 und 2017 veröffentlicht wurden, sodass noch kein klares Bild von der Ausnahmesituation Corona gezeichnet wurde. Im zweiten Teil des Vortags gab es dann spannende Einblicke in ein sehr konkretes Szenario: Das so genannte FLEX-Studium der ZHAW verfolgt bereits seit 2014 einen hybriden Ansatz. Neben Blockeinheiten in Präsenz, besteht das Studium aus längeren Selbstlerneinheiten. Die Studierenden absolvieren zu Semesterende die gleichen Prüfungen, wie ihre Kommilitoninnen und Kommilitonen des Vollzeit- oder Teilzeitstudiums. Die Prüfungsleistungen der verschiedenen Studienarten unterschieden sich nicht signifikant, sodass das orts- und zeitunabhängige FLEX-Studium eine gute Alternative darstellt, um Studium und Beruf vereinen zu können. Als wichtig kristallisierte sich neben den regelmäßigen Treffen in Präsenz, die gute Struktur des Kurses mit Lernaufgaben, Feedback- und Kommunikationsmöglichkeiten und die Motivation der Dozierenden heraus. Wohl angemerkt sei also: Blended Learning ist trotz alledem kein didaktischer Selbstläufer!
KI-Modelle keine Konkurrenz für LehrpersonenIm zweiten Vortrag erläuterte Prof. Dr. Stefan Bauberger von der HfP München das Potenzial, aber auch die Herausforderungen, der Digitalisierung in der Hochschullehre. Welche (Über-)Forderung bringen KI-Modelle mit sich? Digitalisierung hat ein hohes Potenzial in der Hochschullehre und entwickelt sich stetig weiter. Obwohl die Entwicklung nicht vorherzusehen ist, ist sich Prof. Dr. Stefan Bauberger sicher, dass KI-Modelle die Lehrpersonen nicht ablösen, sondern die Bandbreite der Lehre positiv erweitern werden. Die Einwirkungen sind schwer einzuschätzen, da die Digitalisierung grundlegende Veränderungen von Strukturen und Vorgängen mit sich bringt, die zum jetzigen Stand noch unbekannt sind. Diese wird Schritt für Schritt erfolgen, bis sich die endgültigen KI-Formate verfestigen werden. Positiv sei die große Flexibilität der Digitalisierung. Neben der örtlichen und zeitlichen Flexibilität, wird es aber auch nicht ganz einfach sein, zum Beispiel flexible Prüfungen in der Hochschullehre zu etablieren. Eine weitere Herausforderung ist beispielsweise die hybride Nutzung der digitalen Plattformen. Kommerzielle Plattformen mit einer hohen Zahl an Auswahlmöglichkeiten sind derzeit die Spitzenreiter in der Bildung. Der Staat könnte hier eine wichtige Förder-Rolle spielen oder gar eigene Plattformen integrieren, um eine Distanz zu kommerziellen Plattformen gewährleisten zu können. Wie interaktives und individuelles Lernen durch KI-Modelle in Zukunft sein wird, steht also noch in den Sternen.
Eigenes Lehrvideo erstelltDer zweite Tag war geprägt von vier Präsenzworkshops in den Räumlichkeiten des Vielberth-Gebäudes der Universität Regensburg. Zwei der Workshops widmeten sich der Produktion und Planung von Videoinhalten für die Lehre und damit dem zentralen Medium vieler hybrider Ansätze. In der ersten Veranstaltung erfuhren die Teilnehmenden mehr über die Ideenfindungs- und Konzeptphase einer Videoproduktion im zweistündigen Workshop „Videos in der Lehre – Erste Schritte zum eigenen Lehr-Lern-Video“ von Anja Pfennig und Jörg Maier-Rothe von der HTW Berlin. Im Fokus standen Themen wie Konzeptionierung, Constructive Alignment, Wortwahl, kongruente Visualisierung, notwendige Stoffreduktion und Zeitmanagement. Anschließend konnten die Teilnehmenden ihr eigenes kurzes Video erstellen. Mit dem Thema „Lehrvideos effizient gestalten und nutzen – pragmatisch planen, nachhaltig arbeiten und sinnvoll archivieren“ von Katharina Herkommer von der Universität Regensburg wurde die Brücke zum Erstellen eines gut strukturierten Projekts geschlagen. Die Referentin ging die einzelnen Schritte beim Erstellen eines Lehrvideos durch und gab wertvolle Tipps aus ihrer ganz persönlichen beruflichen Praxis weiter.
Gutes Storytelling praktisch erklärtWas gute Geschichten ausmacht und warum diese auch die Lehre bereichern können, das erfuhren die Teilnehmenden des dritten Workshops. Anhand vieler praktischer, unterhaltsamer Übungen demonstrierte Martin Ellrodt anschaulich, was gutes Storytelling ausmacht und wie ein Spannungsbogen funktioniert. Am Ende der vier Stunden hatten die Teilnehmenden nicht nur viele Geschichten gehört, sondern auch die Idee zu Ihrer eigenen ersten (Lehr-)geschichte zu Papier gebracht.
Weniger phantasiereich, dafür aber umso anwendbarer war das Thema des letzten Workshops: Hier wurde ein allgegenwärtiges und viel diskutiertes Thema aufgegriffen: Der Umgang mit Open Educational Resources und Creative Commons Lizenzen in der Lehre. Wer darf was? Wem „gehört“ welcher Inhalt und wie können Lehrende ihre eigenen Inhalte schützen – oder umgekehrt: dieselbigen der Öffentlichkeit zugänglich machen. Referenten dieses Workshops war Kai Obermüller von Jöran und Konsorten.
Der Tag der digitalen Lehre konnte zeigen, dass hybride Ansätze auch nach zwei Jahren Corona noch keineswegs in Stein gemeißelt oder gar eingefahren sind. Vielmehr gibt es nun viele interessante Konzepte, die neben der Präsenzlehre ihre Daseinsberechtigung haben. Oder eben parallel dazu. Dabei sollten solche Ansätze nicht nur auf die technischen Möglichkeiten reduziert werden. Vielmehr lebt die Lehre – ob im Hörsaal oder vor der Webcam – von der Kreativität und Motivation aller Beteiligten. Es bleibt weiterhin alles möglich!
