Das Unternehmensplanspiel der Fakultät Betriebswirtschaft bedient sich einer großen Palette moderner Lehrmethoden.
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Das virtuelle UnternehmenManchmal kommen die Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer der Unternehmen ganz schön ins Schwitzen, etwa wenn die Nachfrage stark schwankt, die Wettbewerber deutlich besserer Produkte auf den Markt bringen oder Mitarbeitende unerwartet kündigen. Die Studierenden der Fakultät
Betriebswirtschaft der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg (OTH Regensburg) können dann in ihrem Planspiel ziemlich realistisch nachempfinden, mit welchen unvorhergesehenen Schwierigkeiten und Gefühlsstürmen echte Unternehmer zu kämpfen haben. „Da kommt jedes Mal wieder, wie im wahren Leben, eine Überraschung“, erzählt Prof. Dr. Sabine Jaritz. „Unser Planspiel lebt von ‚learning business by doing business‘.“
Ein Semester dauert die Management-Simulation, die für alle Bachelorstudiengänge
Betriebswirtschaft sowie
Europäische Betriebswirtschaft verpflichtend ist. „Das Besondere daran ist das Ganzheitliche“, erläutert Prof. Dr. Jaritz. Je fünf Studierende gründen gemeinsam ein Unternehmen, das Fahrräder entwickelt, produziert und verkauft. Von der Produktentwicklung über den Businessplan bis zu Marketing, Kostenrechnung und Personalplanung muss jede Gruppe sämtliche Aufgaben abdecken – und tritt in einer Art Wettbewerb in einem Markt gegen die vier anderen Teams an.
Lehrvideos, Kahoot-Quiz und shared documentsDie zweite Besonderheit des Spiels ist die große Palette an virtuellen Lehrmethoden, die Prof. Dr. Jaritz und ihr Kollege André Philipps dabei anwenden. In Lehrvideos vermitteln die Dozierenden relevante Theorie, per Kahoot-Quiz überprüfen die Studierenden selbständig den Wissenstand. Auf der Lernplattform Moodle ist ein Pflicht-Test mit einer großen Fragenbatterie zum Inhalt des Handbuchs ist zu absolvieren. In Moodle-Gruppenräumen können die Teams jederzeit auf alle Unterlagen ihrer Arbeitsgruppe zugreifen. Ein Datenverwaltungsdienst ermöglicht den Studierenden, an einem Dokument synchron zu arbeiten. Die wesentlichen Ergebnisse der einzelnen Spielperioden bekommen die Studierenden live mit dem iPad in jeder Stunde vorgestellt und ausführlich analysiert.
Das motiviert die Teilnehmenden. „Wir bekommen sehr gutes Feedback“, sagt André Philipps über die eingesetzten Lehrmethoden. „Wir evaluieren jede Woche. Wir investieren viel Zeit, etwa in unsere Videos. Daher macht es nur Sinn, die Dinge weiterzuverfolgen, die gut ankommen.“ Eine große Unterstützung ist ihr dabei die Servicestelle
Lehre und Didaktik der OTH Regensburg rund um deren Leiterin Andrea de Santiago. „Die Kolleginnen und Kollegen dort sind einfach top!“, betont Prof. Dr. Jaritz. „Ich bin sehr dankbar, dass wir dieses Team nun schon seit vielen Jahren an der Hochschule haben. Das zahlt sich gerade jetzt aus!“
Für das vorerst rein digitale Sommersemester 2020 haben die Lehrenden das Planspiel nun komplett virtuell aufgelegt. Normalerweise finden diese Kleingruppenseminare wöchentlich in den dafür eigens geschaffenen Business Simulation Centern am Campus statt. Dort ist auch die Simulationssoftware auf den Computern installiert. Da die Studierenden von zu Hause aus nicht auf diese Software zugreifen können, müssen die Dozierenden die Entscheidungsdaten nun manuell in die Software übertragen, aber die Simulationen sind dann problemlos möglich. Alles andere klappt virtuell: Die Studierenden arbeiten gemeinsam an shared documents und halten ihre Präsentationen in Videokonferenzen. Statt in Präsenzvorlesungen erläutern die Dozierenden in Audiodateien die hochgeladenen PDFs, erstellen Videos und sind in Live-Chats persönlich ansprechbar. Die Kleingruppenseminare finden zu den regulären Vorlesungszeiten statt, aber nicht an der OTH Regensburg, sondern virtuell via Zoom. Dort arbeiten die Unternehmerteams in dafür eigens eingerichteten Breakout-Rooms. In diese können sich Prof. Dr. Jaritz und André Philipps einklinken und so praktisch virtuell von Gruppe zu Gruppe gehen und jedes Unternehmen beraten. „Das Planspiel lebt davon, dass wir coachen“, sagt Philipps. „Wir sind die kompletten Stunden für die Studierenden dabei – und nach vier Stunden dann meistens auch ziemlich platt.“
Acht Kleingruppen mit insgesamt 40 TeamsIm aktuellen Semester spielen rund 200 Teilnehmende in acht Kleingruppen, die aus jeweils fünf Unternehmen bestehen, das Unternehmensplanspiel. Wie in jedem Semester gibt es auch jetzt eine englische Veranstaltung, die sich insbesondere an internationale Gaststudierende richtet. Hier stellen Studierende aus unterschiedlichen Nationalitäten die Teams. Das bedeutet, dass das komplette Lehrmaterial in zwei Sprachen zur Verfügung stehen muss.
Das aktuelle Semester sehen die beiden Lehrenden auch als Chance für Dozierende und Studierende, flexibel auf die Herausforderungen zu reagieren. „Die jetzige Zeit ist genial, um digitale Lehre auszuprobieren“, finden sie. Dabei müsse man ständig sein Konzept überprüfen und Inhalte anpassen. Die Dozierenden etwa haben für das Planspiel den Ablauf etwas umgestellt, damit sie Studierenden bereits während der Ferien alle Theorieteile zur Verfügung stellen konnten. „So konnten wir zu Semesterbeginn direkt mit dem Planspiel beginnen.“ Selbstverständlich steht das gesamte Material auch für diejenigen noch zur Verfügung, die erst Ende April starten konnten.
Schon jetzt nimmt Prof. Dr. Jaritz neue Impulse aus dem komplett virtuellen Semester mit. Für sie wäre es denkbar, künftig jedes Semester eine Projektgruppe rein E-Learning-basiert zu betreuen. Dies würde auch die Gelegenheit bieten, Studierende von Partnerhochschulen im Ausland einzubinden. Vergangenes Jahr war Prof. Dr. Jaritz unter anderem an der Partnerhochschule der OTH Regensburg in Shenzhen und hatte geplant, auch dort das Unternehmensplanspiel demnächst anzubieten. Aufgrund der eingeschränkten Reisemöglichkeiten wird das in absehbarer Zeit wohl nichts. „Aber es wäre nun auch von Deutschland aus möglich.“