Wie fühlt es sich an, eine minimalinvasive Handoperation durchzuführen? – Der Hochschulverbund Transfer und Innovation Ostbayern (TRIO) und das Bayern Lab Vilshofen hatten zum Format „Digitale Handchirurgie“ eingeladen.
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Digitale Handchirurgie am Simulator selbst ausprobierenUnter dem Motto „Anschauen, anfassen, ausprobieren“ luden das Bayern Lab Vilshofen und der
Hochschulverbund Transfer und Innovation Ostbayern (TRIO) zum spannenden und interaktiven Dialog- und Austauschformat „Digitale Handchirurgie“ ein.
Interessierte Bürgerinnen und Bürger verfolgten zunächst den lebendigen Vortrag, in dem Johannes Maier, M.Sc. Physik, die Trainingssimulation vorstellte, die er im Rahmen seiner Promotion an der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg (OTH Regensburg) im Labor
Regensburg Medical Image Computing (ReMIC) unter der Projektleitung von Prof. Dr. Christoph Palm im Forschungsprojekt HaptiVisT entwickelt.
„Es war nicht immer einfach“, lachte Johannes Maier und schilderte zu Beginn des Abends eindrücklich die einzelnen Schritte seines Vorgehens sowie die Herausforderungen, die es dabei immer wieder zu meistern galt. Es waren vor allem zwei große Problemstellungen zu lösen: Zum einen sollte über ein computergesteuertes roboterähnliches Gerät (haptisches Feedback) das Bohren eines virtuellen Modells der Hand fühlbar gemacht werden. Zum anderen war ein 3D-gedrucktes Handmodell zu erstellen, sodass Knochenvorsprünge der Hand auch in der Realität ertastet werden können.
Handmodell aus dem 3D-Drucker„Um das Handmodell möglichst real wirken zu lassen und dabei gängige Materialien sowie Herstellungsmethoden zu verwenden, mussten wir unzählige Versuche starten, bis wir dann schlussendlich einen zufriedenstellenden Prototypen herstellen konnten.“ Nachdem dann auch noch eine Möglichkeit gefunden wurde, wie man die künstliche Haut verschiebbar über dem anderen Gewebe nachbauen kann, konnte das Modell im 3D-Drucker hergestellt werden.
OP-Szenarien in virtueller RealitätDie Simulation ermöglicht angehenden Handchirurginnen und -chirurgen das Training von OP-Szenarien in virtueller Realität. Um die komplexen Operationen fehlerfrei an knöchernem Gewebe ohne Verletzungen von Risikostrukturen wie Nerven oder Gefäßen durchzuführen, müssen Chirurginnen und Chirurgen eine umfangreiche theoretische und praktische Aus- und Fortbildung durchlaufen.
Im Rahmen des vom
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekts wurde daher ein Trainingssystem entwickelt, mit dessen Hilfe man die Eingriffe spielerisch üben kann. Die Gestaltung als „Serious Game“ fördert dabei die Motivation. Durch den Vergleich mit dem optimalen Operationsergebnis erhält man sofort Feedback. Die Softwareentwicklung, Haptik und Visualisierung erfolgen durch die OTH Regensburg, das
Fraunhofer IIS Erlangen und die
Haption GmbH. Das Serious Game und den Demonstrator setzt die
szenaris GmbH um. Die
SeeFront GmbH entwickelt den brillenlosen 3D-Monitor. Weitere klinische Partner sind die Universitätskliniken Regensburg und Leipzig.
Einfache Darstellung eines komplexen technischen AufbausDie offene Art von Referent Johannes Maier und sein Talent, den komplexen technischen Aufbau einfach und allgemein verständlich zu erklären, regten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dazu an, viele Fragen zu stellen. Am Ende des Vortrags entwickelte sich eine spannende Diskussion, die in den zweiten Teil der Veranstaltung überging. Alle Besucherinnen und Besucher schlüpften in die Rolle einer Handchirurgin oder eines Handchirurgen und probierten den eigens nach Vilshofen transportierten und dort aufgebauten Simulator aus – ganz nach dem Motto „nicht nur anschauen, sondern auch ausprobieren“.
„Ein Wahnsinn, was heutzutage alles möglich ist“, staunte ein Besucher, der vielleicht in wenigen Jahren im Rahmen seines Medizinstudiums dieses System zum Üben nutzen wird. „Man bekommt tatsächlich ein Gefühl davon, wo der Knochen ist und wie sich das beim Reinbohren plötzlich anders anfühlt“, brachte ein Teilnehmer sein positives Erstaunen zum Ausdruck.
„Ich denke, in mir wächst gerade das Verständnis dafür, was die Forschung auch auf diesem Gebiet eigentlich alles leistet. Denn diese Übungsmöglichkeit für die Operateure bedeutet ja letztlich einen großen Mehrwert für die Patienten und vielleicht liege ich ja selbst eines Tages auf solch einem OP-Tisch.“ Dass zwei der Gäste ihre persönlichen Erfahrungen aus Sicht der Patientin oder des Patienten in den Austausch mit einbringen konnten, war eine zusätzliche Bereicherung an diesem Abend.