Eine neue Studie der Fakultät Betriebswirtschaft setzt sich mit der Komplexität des Themas "Personalabbau" in der Berufspraxis auseinander.
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Nur wer alle Beteiligten versteht, kann Personalabbau erfolgreich bewältigenPersonalabbau wird in der Fachliteratur meist aus der betrieblichen oder der sozialen Perspektive betrachtet. „Aber die Komplexität eines Personalabbaus erfordert eine kombinierte Betrachtung“, erklärt Prof. Dr. Carina Braun, Professorin für Personalmanagement an der Ostbayerischen Technischen Hochschule Regensburg (OTH Regensburg) und wissenschaftliche Leiterin, in einer aktuell veröffentlichen Studie.
Die Studie "Professioneller Personalabbau unter Berücksichtigung der Perspektiven aller Beteiligten" beschreibt Ergebnisse, die die Erfahrungen und Ansichten aller an einem Personalabbau Beteiligten transparent machen. Sie ist eine Kooperation der OTH Regensburg und der stg – Newplacement GmbH, ein Unternehmen, das bei der Gründung von Transfergesellschaften und -agenturen unterstützt und Personen in der Bewerbungsphase nach einem Austritt begleitet.
Zwei Fragestellungen waren Kern der Studie, an der im Frühjahr 2021 mehr als 190 Personen teilgenommen haben:
- Welche Instrumente und Maßnahmen haben sich in der Vergangenheit beim Personalabbau von mehr als fünf Prozent der Stammbelegschaft bewährt?
- Was ist den Beteiligten (Mitarbeiter*innen, Betriebsrat, Personalabteilung, Geschäftsführung) bei einem Personalabbau jeweils wichtig und welche Unterschiede gibt es?
Die wichtigsten Ergebnisse sind:
- Individuelle Planung und freiwillige Programme: Wie man Personal abbaut, muss zum Unternehmen passen. So bevorzugen kleinere Betriebe teilweise andere Maßnahmen als größere Unternehmen. Bei konkretem Abbaubedarf präferieren die Befragten generell eher Austritte und Abfindungen, die individuell und freiwillig vereinbart werden.
- Zukunft hat Priorität: Alle Befragten können sich bei einem Personalabbau in die Ängste von Betroffenen und verbleibenden Mitarbeiter*innen hineindenken. Doch die Sorgen werden nicht "behandelt". Nur ein Teil der Unternehmen finanziert die psychologische Betreuung Betroffener oder ein Outplacement bzw. stellt ein Budget bereit, um zukünftige Leistungsträger*innen zu halten.
- Entscheider und Gestalter ergänzen sich: Personalabbauprogramme dienen aus Sicht der Geschäftsführungen der Zukunftssicherung des Unternehmens. Die wirtschaftliche Motivation für einen Personalabbau im Sinne von Kosteneinsparungen ist auch den Betriebsräten und Personalabteilungen bekannt. Personalabteilungen richten ihren strategischen Blick allerdings vor allem auf eine zukunftsgerichtete Gestaltung der Personalstruktur.
Bevorzugt: Individuelle AufhebungsverträgeRund die Hälfte (45 %) der Befragten sprechen sich dafür aus, individuelle Aufhebungsverträge zu vereinbaren, wenn mehr als fünf Prozent der Belegschaft abgebaut werden müssen. Mehr als die Hälfte der Teilnehmer*innen (60 %) empfehlen, den Personalabbau mit einer Transfergesellschaft oder einer -agentur zu verbinden. „In der Praxis erleben wir, dass Beschäftigte leichter eine neue Stelle finden, wenn sie in einer Gruppe angeleitet werden“, erläutert Dr. Alexandra Gilde, geschäftsführende Gesellschafterin der stg – Newplacement GmbH. Deutlich abgelehnt werden betriebsbedingte Kündigungen oder Massenentlassungen. Lediglich rund 15 Prozent der Studienteilnehmer*innen wählten diese Optionen als bewährte Instrumente eines professionellen Personalabbaus.
Bewährt: Vorruhestand und ÜberstundenabbauAus Sicht der Befragten haben sich vor allem (Vor-)Ruhestandsregelungen sowie kurzfristige Maßnahmen außerhalb der Stammbelegschaft wie z. B. das Auslaufenlassen von Befristungen, oder Einstellungsstopps bewährt, um einem Personalabbau entgegenzuwirken und die Härte für die Stammbelegschaft abzufedern.
stg-Geschäftsführerin Gilde unterscheidet: „Befragte kleiner Unternehmen (bis 500 Mitarbeiter*innen) bewerten den Überstundenabbau als beste Maßnahme. Große Unternehmen bevorzugen stattdessen Vorruhestandsregelungen.“
Beachten: Transparenz aller Bedürfnisse führt zum ErfolgDer Betriebsrat möchte frühzeitig eingebunden werden, die Personalabteilung legt Wert auf die Belegschaft und deren Zukunftsfähigkeit und Betroffene haben existenzielle Ängste, keine vergleichbare Anstellung zu finden. Führungskräfte befürchten, dass ihr Team durch einen Personalabbau Leistungsträger verliert und die Mitarbeiter*innen, die im Unternehmen verbleiben, sind beunruhigt, ob und welche Zukunft sie im Unternehmen haben.
Ein Personalabbau ist so anspruchsvoll, weil er in der Regel zunächst wirtschaftlich motiviert ist, aber in der Umsetzung eine zukunftsfähige Belegschaftsstruktur sicherstellen und dabei gleichzeitig die Bedürfnisse von Betroffenen und Verbleibenden im Blick behalten muss. „Wenn man die verschiedenen Perspektiven versteht, erhöht das die Effizienz der Zusammenarbeit – Voraussetzung, um gemeinsam eine neue Perspektive für ein Unternehmen und die Menschen zu entwickeln“, so Prof. Dr. Braun.
Die gesamte Studie kann bei
Prof. Dr. Carina Baun angefordert werden.